Vernunft ist beim Thema Versicherungen aus meiner Sicht viel wichtiger als staatlich verordnete Pflicht.
Zunächst: Pflichtversicherungen stehe ich – außer bei der Kfz-Haftpflicht und der Jagdhaftpflichtversicherung – äußerst skeptisch gegenüber! Viel wichtiger ist aus meiner persönlichen Sicht, dass die Vernunft „siegt“ – gerade was das Thema Versicherungen angeht. Ausgelöst durch die Naturkatastrophen der vergangenen Jahre ist eine Diskussion um eine Pflichtversicherung für (Natur-)Katastrophen in der Bundesrepublik Deutschland aufgekommen. Wie einschlägigen Medien zu entnehmen ist, beschäftigt sich die Bundesregierung schon geraume Zeit mit dieser komplexen und schwierigen Thematik.
Nach Ansicht bundesdeutscher Verbraucherschützer sollen Hausbesitzer zum Abschluss einer Versicherung gegen Hochwasser z.B. gezwungen werden. Der Staat soll demnach einen Rechtsanspruch auf solche Versicherungen garantieren.
Ist das sinnvoll? Oder nur eine überflüssige Bevormundung der Bürger?
Ja und nein – aus meiner Sicht jedenfalls! Bei uns im Rhein-Lahn-Kreis fließen bekanntlich der Fluss Lahn und der Strom Rhein. Und – an deren Ufern leben und wohnen Menschen zum Teil seit Generationen. Menschen die sich bestimmt oft Gedanken zu diesem Thema machen.
Kürzlich hat mich ein sogenannter „Betroffener“ gefragt: „Dirk Steinborn was meinen Sie, als Versicherungsfachmann? Ist es richtig dass unsere Regierung uns u. U. in eine Pflichtversicherung für Katastrophen zwingen will?“
Wenn das Wasser an Rhein und Lahn über die Ufer steigt, sind viele Hausbesitzer gleich in doppelter Hinsicht besorgt. Zum einen über das evtl. Ausmaß des drohenden Schadens zum anderen bzgl. der Frage, wie sich die aus dem/den Schaden/Schäden entstehenden Kosten finanzieren lassen – denn viele Haushalte sind gegen Hochwasser schlichtweg nicht versichert. Aus diesem Grund fordern Verbraucherschützer eine Versicherungspflicht. Die Bundesregierung prüft das zur Zeit, die bundesdeutschen Versicherer sind jedoch eher skeptisch.
Diverse Verbraucherzentralen und der Bund der Versicherten argumentieren ihre Forderung nach einer flächendeckenden Elementarschadenversicherung so: „Ein flächendeckender und bezahlbarer Versicherungsschutz gegen alle möglichen Naturgefahren lasse sich nur mit einer gesetzlichen Versicherungspflicht realisieren. Hausbesitzer sollen daher zum Abschluss einer Elementarschadenversicherung verpflichtet werden.
Mit unterschiedlichen Versicherungspolicen lassen sich Schäden durch Naturgefahren versichern. Durch die verbundene Gebäudeversicherung sind z.B. Schadensereignisse durch Feuer, Sturm/Hagel und Leitungswasser absicherbar. Außerdem ist bei vielen Anbietern auch ein Einschluss der Gefahr Elementarschäden möglich, wodurch das Gebäude gegen die Risiken Erdbeben, Erdfall, Erdrutsch, Überschwemmung durch Starkregen oder Hochwasser und Schneedruck und Lawinen versichert werden kann.
Ca. 1.800.000.000 € wurden von den Versicherern gemäß Angabe des GDV – des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft nach dem Hochwasser in 07.2013 an geschädigte Versicherte ausgezahlt. Etwa 65% der Häuser in Deutschland sind aber nicht gegen Elementarschäden versichert – so gab der GDV im März diesen Jahres an.
Das bedeutet, dass jeder der nicht versichert ist im Schadensfall keine Leistung erhält, wenn nicht der Staat „zur Hilfe eilt“.
Eigenvorsorge ist hier meiner Meinung nach sehr wichtig. Eine Einführung der Elementarschadenversicherung als Pflichtversicherung ist – aus meiner Sicht – nicht sinnvoll. Auch die GDV-Sprecherin Kathrin Jarosch gab an, dass sie dies nicht für einen erfolgversprechenden Weg halte.
Allerdings unterscheiden sich unsere Gründe.
Frau Janosch sagte, dass die Kosten der Pflichtversicherung auch Inhaber von Eigentumswohnungen betreffen würden und Vermieter die Beiträge auf ihre Mieter umlegen dürften. Und dass es fraglich sei, ob ein Bewohner im 13. Stock eines Hochhauses für die Schäden an einem Einfamilienhaus beispielsweise in einem Hochrisikogebiet an der Elbe bezahlen wolle.
Für mich ist dies bei einer Pflichtversicherung weniger entscheidend – steckt ja im Wort, dass hier keiner gefragt wird, ob er oder sie will – oder nicht!
Ich glaube, dass die Versicherungen auch bei der Pflichtversicherung nicht auf eine Einteilung der Risiken nach Gefahrenzonen – wie etwa schon heute nach ZÜRS-Zonen (Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen) – verzichten würden.
Und so zahlt jeder eine Prämie gemäß seines Standortes – natürlich auch der Besitzer einer Eigentumswohnung und der Mieter im 13. Stock, die oftmals auch über Kellerräume verfügen. Allerdings bezweifle ich, dass sich eine solche Versicherungspflicht komplett umsetzen lässt, da möglicherweise der ein oder andere Hausbesitzer sich den fälligen Beitrag oder eine ggf. hohe Selbstbeteiligung im Vertrag nicht leisten können wird. Schon heute scheitert bei einigen meiner Kunden der Wunsch nach der nötigen und oftmals auch gewünschten Absicherung des Risikos Elementarschaden an den Kosten.
Die Verbraucherzentrale Sachsen vertritt die Meinung, dass „derzeit das Finden einer Versicherung für Menschen in besonders gefährdeten Regionen einem Glücksspiel gleiche“ und dass “alle Gefahrenarten wie etwa Sturm und Hochwasser in einer Police zu bündeln, die Versicherung bezahlbar bleiben ließe“. Wie ich oben zuvor schrieb, scheitert eine Eindeckung des Risikos in Regionen, in denen es zur Zeit möglich ist, schon heute oftmals an den Kosten. Wer kann annehmen, dass sich diese Pflichtversicherung alle Hauseigentümer leisten können, wenn dann noch die bisher nicht versicherungsfähigen Risiken hinzu kommen.
Auch der Vorschlag der Verbraucherschützer, dass der Staat bei sehr hohen Schäden den Versicherern unter die Arme greifen solle, um ihnen die Bedenken gegenüber der Versicherungspflicht zu nehmen, halte ich für den falschen Ansatz.
Fazit: Die Lösung für das Problem, kann meines Erachtens nicht durch die Einführung einer Pflichtversicherung gelöst werden. Vielmehr ist es die Aufgabe der Politik den Menschen die Frage zu stellen, ob ein Leben und Wohnen in den Gefahrenzonen sinnig ist, welche Auflagen für Neubauten in den gefährdeten Regionen nötig sind oder zum Nachdenken anzuregen, ob ein Neubau im Hochwassergebiet überhaupt sinnvoll ist. Nicht zu vergessen ist auch, dass viele dieser Probleme durch Menschenhand verursacht wurden etwa durch Begradigungen der Gewässerläufe oder Eingriffe in die natürlichen Überflutungsflächen.
Natürlich muss sich die Allgemeinheit auch entscheiden, was ihr etwa die Erhaltung des Kölner Domes oder die seit Jahrhunderten gewachsene Kultur in Dresden wert ist und dann die Kosten für den Erhalt tragen. Nur mit Vernunft – und nicht mit einer Versicherungspflicht – kann das Problem angegangen werden.
Denn dann und nur dann könnte mal eine Ursache angegangen werden anstatt wie so oft deren Auswirkung.